Der Tag beginnt genau so chaotisch wie der gestrige aufgehört hat. Die Kanadierin konnte ihren Pass erstmal nicht finden und ist morgens schon wieder sehr genervt. Der Rest von uns frühstückt erstmal, da wir um 8.30 Uhr abgeholt werden sollen. Die beiden passlosen Mädels suchen sich in derzeit Wlan und erfahren, dass der Japaner von gestern den Pass aus Versehen eingesteckt hat, bzw. der Pass in seine Tasche gefallen ist. Schnell wechselt der Pass wieder den Besitz und die Laune der Truppe verbessert sich schlagartig. Zumindest bis um 9.30 Uhr unser Fahrer Erwin auftaucht und uns anbrüllt, dass wir uns beeilen sollen, weil wir schon viel zu spät sind. Dass er über eine Stunde zu spät am Hostel erscheint und wir fertig gepackt auf ihn gewartet haben ignoriert er. Stattdessen schiebt er die Schuld der Kanadierin in die Schuhe. Als er dann noch erfährt, dass Antjes Surfbord auch mit muss, meckert er noch mehr rum. Daraufhin platzt Antje der Kragen und wir beschweren uns bei dem Chef der Agentur Louis, der uns mit seinem unfassbar unprofessionellem Gelaber auch auf die Eier geht. Für einen „professionellen“ Touranbieter ist das echt eine Katastrophe gewesen, vor allem weil Erwin fast garnicht mit uns redet. Nachdem sich alle nach dem Wortgefecht beruhigt haben, lernen wir dann unser 6. Gruppenmitglied (den Ersatz für den Japaner) kennen. Olivier, der die verbale Auseinandersetzung / Frust ablassen mit offenem Mund von Sofa aus beobachtet hat ist ein Franzose und ein cooler Typ. Seine Vorfreude auf die Tour haben wir ihm vermutlich gründlich vermiest. Wir stellen uns einander vor, beladen den Jeep und ab geht die Luzie. Es folgen 2 Tage bolivianische Wüste:
Auf dem Weg zur 1. Station, San Cristobal, fahren wir an tausenden Lamas und Vikunjas vorbei. Zudem wird überall Quinoa, das neue Superfood, angebaut. Quinoa-Pflanzen gibt es in den Farben gelb (weizenfarbener Samen) rot (rot-pinker Samen) und schwarz (schwarzer Samen). Das diese Pflanze in der Wüste wächst zeigt, dass sie extrem pflegeleicht ist. Zum Schutz vor gefräßigen Lamas sind die Felder allerdings umzäunt. Es geht das Gerücht um, dass Quinoa durch den zunehmenden Export als Nahrungsmittel für die Einheimischen knapp wird. Wirklich bestätigen konnte das allerdings niemand.
Station 1 – San Cristobal
In diesem eher trostlosen Städtchen im Nichts gibt es nicht wirklich viel zu sehen. Am Markt kaufen wir uns einige Früchte und erfahren, dass die gesamte Stadt eigentlich nur wegen einer nahegelenen Goldmine existiert. Interessanterweise ist die Goldmine eine Mine mit Tagebau. Als wir das langweilige Städtchen verlassen, sehen wir in der Ferne auch, wie der Berg im Tagebau langsam abgebaut wird.
Station 2 – Desierto de Piedras
Je weiter wir in Richtung Süden fahren, desto schlechter wird die Straße, und die Landschaft wird immer mehr zur Einöde. Die trockene Luft ist zudem auch stark in Hals und Nase bemerkbar und wir verstehen langsam, warum Erwin ein Tuch vor Mund und Nase trägt. Wir durchqueren ein Stück Steinwüste und halten am Ende an. Die Aussicht ist absolut grandios, überall sind schneebedeckte Gipfel in der Ferne zu erkennen und wir sind begeistert von den riesigen Steinen in diesem Gebiet. Durch Frost-Erosion sind im Laufe der Jahrtausende riesige Steinbrocken vom Gebirge abgebrochen und durch Winderosion verformt worden. Dadurch entstehen ganz bizarre Formen.
Station 3 – Laguna Idionda
Nach dem Picknick in der Steinwüste geht es weiter zu einer türkis-leuchtenden Lagune. Hier sehen wir zum ersten Mal Flamingos. Diese ernähren sich ausschließlich von den Mikroorganismen im See und leben fast das gesamte Jahr hier. Im Juni/Juli/August, wenn in Bolivien Winter ist, wandern die Vögel allerdings in wärmere Gebiete ab.
Station 4 – Laguna Blanca
An diesen zwei Seen brüten und leben tausende Flamingos. Wahnsinn mit anzusehen, wie Unmengen an Flamimgos gleichzeit auf der Suche nach Nahrung sind oder mit scheinbarer Leichtigkeit über den See gleiten. Rund um den See begeistern uns die verschiedensten Berge – unglaublich die Natur. Trotz der vernehmlich kargen Wüstenlandschaft bekommen wir auch immer wieder Vikunjas, Lamas oder Sträuße zu Gesicht. Hier gibt es tatsächlich 190 Pflanzenarten, die sich an die extremen Wetterbedingungen gewöhnt haben und somit als Nahrung dienen. Pumas und Kondore soll es hier auch geben, gesehen haben wir allerdings keine.
Station 5 – Arbol de Piedras
Der „Baum aus Stein“ ist ein durch Winderosion geformter Fels, der untenrum sehr viel schmaler ist als oben. Wie ein Baum eben 😉 Rundherum befinden sich weiter riesige Felsen auf denen wir auch eine ganze Zeit lang rumklettern und die grandiose Aussicht genießen. Trotz der starken Sonne ist es nicht wirklich warm. Der Wind lässt die Wüste ganz schon abkühlen, sodass wir alle leicht durchgefroren 1 Stunde später wieder im Jeep sitzen.
Wir fahren mit ca 100km/h durch den feinen Wüstensand. Man bekommt schnell ein Gefühl dafür, wie es sich wohl anfühlt als Rennfahrer der Rallye Dakar hier durch den Sand zu heizen. Am liebsten würde ich direkt selber fahren und mal ordentlich Gas geben.
Station 6- Laguna colorada
Am bunten See bestaunen wir die Farbvielfalt des Wassers vom Aussichtspunkt und Ufer des Sees aus. Aufgrund des Windes, verschiedener Mineralien und verschiedener Wassertemperaturen ändert der See öfter mal die Farbe. Ein krasses Naturschauspiel, den die Flamimgos ganz gelassen entgegenstehen. Übrigens sind die weißen Stellen, die aussehen wie Salz, sowohl hier als auch an den anderen Seen kein Salz sondern Borax. Borax ensteht bei der Austrocknung von Salzseen und wird als Zusatz für leichtschmelzende Glasuren verwendet. Zusätzlich zu dieser Seltenheit werden hier in der Wüste noch einige andere Naturschätze wir Gas, Öl, Gold und Kupfer abgebaut. Am See müssen wir auch die 150 Boliivianos (~18€) Parkeintritt bezahlen.
Station 7 – Hostel in der Wüste
Anschließend geht es zu unserem Hostel in einer kleinen Wüstenstadt die nur für die vielen Touristen erbaut wurden. Anja und ich bekommen als Pärchen sogar ein Doppelzimmer. Allerdings wurde der Boden gerade erst geölt, sodass die Dämpfe einem ganz schön zu Kopf steigen.
Gemeinsam mit unser Gruppe essen wir zu Abend. Es gibt eine leckere Gemüsesuppe und Nudeln mit Tomatensauce. Dazu wird uns sogar eine Flasche Wein angeboten.
Anschließend starren wir für eine gefühlte Unendlichkeit in den wunderschönen Sternhimmel, bevor wir letztendlich ins Bett gehen. Die Milchstraße haben wir noch nie so deutlich gesehen wie hier und es ist spannend den Sternenhimmel der Südhalbkugeln so klar und funkelnd zu sehen. Dank der (vermutlich giftigen) Dämpfe in unserem Zimmer können wir auch gut schlafen, bis morgens um 4 der Wecker klingelt.