8.07.2018 – 9.07.2018
[von Lukas]
Um es vorwegzunehmen: Dieser Blogeintrag wird sehr geschichtlich. Wer keinen Bock hat das zu lesen sei verziehen, die Kurzfassung: Wir hatten ein paar geile Tage in Kanchanaburi und haben viel über die Kriegsgeschichte dieser Region gelernt. Etwas ausgeschmückter sieht das ganze dann so aus:
Von Bangkok aus reisen wir mit dem Minibus von der Southern Busstation für 100 Baht/Person nach Kanchanaburi um uns die Geschichte der berühmten Todeseisenbahn näher anzuschauen. Wir buchen uns 2 Nächte im Smiley Frog, welches uns von einem Kioskbesitzer in Bangkok empfohlen wurde (350 Baht/Nacht). Wir besuchen das „Thailand-Burma Railway Museum“ (1), „die River Kwai-Brücke“ (2) und den „Hellfire-Pass“ (3).
Geschichtlicher Hintergrund
Die Thailand-Burma Eisenbahn, auch Todeseisenbahn genannt, wurde zwischen Juni 1942 und Oktober 1943 von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern der kaiserlich japanischen Armee gebaut. In nur 15 Monaten wurde eine Bahnstrecke von 415 km zwischen Thailand und Burma (heutiges Myanmar) von britischen, australischen, amerikanischen, burmesischen und malaiischen Kriegesgefangenen und Zwangsarbeitern errichtet. Schätzungen gehen von 40.000 bis 100.000 Todesopfern beim Bau der Strecke aus. Noch heute ist ein Teil der früheren Bahnstrecke in Betrieb, dazu gehört auch die River Kwai-Brücke in Kanchanaburi.
Erste Station: Thailand-Burma Railway Museum
Auf der Suche nach Drachenfrüchten und Ananas schlendern wir am Death Railway Museum in Kanchanaburi vorbei. Auf einem riesigen Banner steht: „free coffee or tea“, genau hier im Museum. Na wen das nicht neugierig macht? Da muss ein richtiges Marketing-Genie am Start sein. Der Eintritt kostet 140 Baht/ Person und zeigt mit verschiedenen Exponaten, Nachbauten und Modellen den Bau der Eisenbahnstrecke. Über 2 Etagen wird eindrucksvoll von der Planung, Durchführung, Miss- und Behandlung der Arbeiter und Geschichte des Streckenbaus berichtet. Sowohl deutsche als auch britische Ingenieure haben bereits vor dem eigentlich Bau die Bauzeit auf 6 Jahre geschätzt und für ökonomisch unsinnig befunden. Solche Schätzungen zählen in Kriegsjahren natürlich nicht, besonders dann nicht, wenn man die Eisenbahnstrecke dazu nutzen will um Indien anzugreifen. Dafür wurde das aufwendige Verbindungsstück nämlich gebaut. Die Materialien wurden größtenteils von Bahnstrecken aus anderen eroberten Ländern geklaut. Statt den 6 Jahren Schätzung wurden die Arbeiter zu 18 Stunden pro Tag gezwungen und der Bau somit auf 15 Monate verkürzt. Da die Strecke größtenteils durch Dschungel verlief hatten die Arbeiter nicht nur mit sehr harter körperlicher Arbeit, sondern auch mit Seuchen, Mangelernährung, tropischen Krankheiten, Materialknappheit und nicht vorhandener Hygiene zu kämpfen. Lebensgroße Modelle einer „Krankenstation“, eines „Gefangenentransports“ und einer „Arbeitsstation“ zeigen, dass die Menschen dort eher wie Tiere als wie Menschen behandelt wurden. Wieder einmal zeigt sich, dass Krieg einfach nur scheiße ist. Sowas kann doch wirklich niemans wollen oder? Nachdenklich schlendern wir durch das Museum und landen am Ende beim gratis Kaffee im oberen Stockwerk. Mit lauwarmer Plörre in Plastikbechern sitzen wir am Fenster und starren auf den riesigen Friedhof direkt gegenüber. Dort befindet sich nämlich der Soldatenfriedhof. Für den Gratiskaffee lohnt sich das Museum kein Stück, für den Rest dann aber schon.
Zweite Station: River Kwai-Brücke und Zugstrecke
Am Sonntag gehts früh morgens zur River Kwai-Brücke. Die Stahlkonstruktion verbindet das westliche und östliche Ufer des Kwae Yai Flusses. Sie ist Teil der „Death Railway“ und wird heute noch mehrmals täglich befahren. Da Wochenende ist sind wir natürlich nicht alleine. Überall, also auch auf der Eisenbahnbrücke, tummeln sich Touristen aus Bangkok welche ebenfalls die berühmte Brücke besichtigen wollen. Die Brücke ist sogar so berühmt, dass es einen eigenen Film über sie gibt: Die Brücke am Kwai.
Direkt neben der Brücke befindet sich die Haltestelle Kanchanaburi von der aus man für 100 Baht entweder in Richtung Bangkok oder in Richtung Nam Tok fahren kann. Anja und ich beobachten wie der Touristenzug aus Bangkok über die Brücke in Richtung Nam Tok fährt und nehmen um 10.44 Uhr den darauffolgenden Zug, ebenfalls in Richtung Nam Tok. Der Unterschied der Züge: Der Touristenzug kostet 840 Baht für Hin- und Rückweg, der lokale Zug hingegen 100 Baht pro Strecke. Dafür haben wir keine Klimaanlage und kein Lunchpaket, auf das wir aber auch gut verzichten können 😉
In einer zweistündigen Zugfahrt passieren wir grüne Felder und eine atemberaubende Brücke namens „Thakrasae“. Diese Brücke ist eine Holzkonstruktion und knarrtscht ganz schön ordentlich wenn der Zug drüber fährt. Viele Touristen steigen hier bereits aus um über die Gleise über die Brücke zu gehen. Uns ist es aber zu voll, sodass wir bis zur Endstation Nam Tok fahren und dort erstmal zu Mittag essen. Anschließend geht es zu Fuß zur Hauptstraße, damit wir von dort aus einen Bus zum Hellfire-Pass nehmen. Tuktuks kosten 400 Baht / Fahrt, der Bus 30 Baht/Person. Dafür warten wir gerne am Straßenrand. Die Haltestelle befindet sich direkt gegenüber der Sayok Noi Wasserfälle, die wir uns aber nicht angeschaut haben.
Dritte Station: Der Hellfire-Pass
Der Hellfire-Pass bildet den beeindruckendsten Abschnitt der Bahnstrecke. Nur mit Hammer, Meißel und ein wenig Dynamit wurden zwei Bergeinschnitte eingeschlagen. Der erste war 25 Meter breit und 75 Meter lang, der zweite 8 Meter breit und 450 Meter breit. Kein Problem könnte man denken, aber da es kein Baugerät gab mussten die Arbeiter den Stein mühsam per Hand abgraben. Das führte zu vielen Unfällen und durch den Zeitdruck auch zu Misshandlungen der Arbeiter. Auch Nachts im Schein von Diesel- und Karbidlampen. Durch den Schein dieser Lampen wirkte der Pass für die Arbeiter wie Höllenfeuer, daher auch der Name Hellfire-Pass.
Der Hellfire-Pass ist heute ein Museum. Es wird zur Zeit renoviert und erweitert. Der Eintritt ist kostenlos und man bekommt sogar einen Audio-Guide zur Verfügung gestellt mit deren Hilfe man sehr viel über den Hintergrund erfährt. Die originalen Tonaufnahmen von Interviews mit überlebenden Kriegsgefangenen, die von ihrer Zeit am Hellfire-Pass erzählen, verleihen dem friedvollen Ort etwas gespentisches. Wirklich wirklich beeindruckend. Wir streifen für etwa 1,5 Stunden durch die Anlage, lassen eine Spende da und treten den Rückweg nach Kanchanaburi an. Zwar hätten wir gerne mehr Zeit hier verbracht – es gäbe einen noch längeren Weg zum Abwandern, leider waren wir allerdings zu spät dran für die Öffnungszeiten.
Lustigerweise gabelt uns am Eingang des Komplex ein Ire (nicht Irrer!) mit 2 Thai-Frauen auf und nimmt uns mit seinem Jeep mit zurück nach Kanchanaburi. Der Ire ist der leitende Architekt der Baustelle, seine Frau die leitende Bauingenieurin und die andere Frau auf dem Rücksitz die Leiterin des Museums. Richtig cool von den Dreien, dass sie uns mit zurück nehmen! So gehen 2 wundervolle Tage in Kanchanaburi zu Ende. Am nächsten Morgen geht es für uns 2 Tage in den Erawan Nationalpark.